Leseprobe



• Hier gelangen Sie zur Google-Books Leseprobe

Auszug aus dem Krimi:

Prolog

“Raus mit Dir!“ Dragan Millic öffnete die Hintertür seines Mercedes um seinen Pit Bull Jimmy herausspringen zu lassen.
Mit einem lässigen Satz landete das kräftige Tier auf dem weichen Boden des Parkplatzes und legte sich nieder, damit Dragan ihm die Leine anlegen konnte. Dieses Ritual vollzogen sie mehrmals in der Woche, immer um die Mittagszeit, gleich nach dem Aufstehen. Seine überwiegend nächtlichen Aktivitäten ließen ihn oft bis weit in den Tag hinein schlafen.

“Verdammte Jogger“, murmelte Dragan, während er die Kette fest um sein rechtes Handgelenk schlang. Jimmy hatte sich schon mehrmals losgerissen und war auf Passanten losgegangen und es hatte einiger Überredungskunst bedurft, eine Anzeige zu vermeiden.
Dragan grinste; mit Überredungskunst kannte er sich aus, auch wenn die Bullen das Einschüchterung nannten.

Da lief schon wieder so ein Jogger direkt auf ihn zu.
Dragan ließ Jimmy bei Fuß stehen und musterte den Mann der ihm entgegenkam, mit dem geübten, beiläufigen Blick des Berufskriminellen, der immer auf der Hut vor eventuellen Bedrohungen durch Rivalen oder die Polizei war.
Läufertyp, mittelgroß, drahtig und schlank.

Kein Vergleich mit seiner eigenen Figur. Mit seinen 1,95m und 115 Kilo war er schon eine auffallende Erscheinung, selbst auf dem Hamburger Kiez, wo er seinen Lebensunterhalt verdiente. Der hier stellte keine Gefahr dar, Dragan hätte ihn mit Leichtigkeit überwältigen können.
Im Rotlichtmilieu war er eine bekannte und meist gefürchtete Persönlichkeit. Man wußte um seine Kraft und Skrupellosigkeit. Nicht jede Geschichte, die über ihn im Umlauf war entsprach der Wahrheit, aber er ließ die Leute dennoch in dem Glauben, denn so wurde seine Autorität nur selten in Frage gestellt. Wer sich mit Dragan Millic einließ, der hatte schlechte Karten.
Er blickte sich um, niemand sonst war zu sehen.
Das war ihm nur recht, so konnte er wenn dieser Jogger vorbei war, Jimmy von der Leine lassen.

Er ließ den Läufer passieren und wandte sich seinem Mercedes zu, um das Fahrzeug abzuschließen.
Jimmys Knurren ließ ihn aufmerksam werden und noch bevor ihm klar wurde, was nicht stimmte, hatten seine Reflexe das Kommando übernommen.
Mit der Reaktion eines erfahrenen Schlägers wirbelte er herum, um sich seinem vermeintlichen Angreifer zu stellen.
Zu spät.
Ein harter Schlag traf seinen Hals und direkt danach ein zweiter seine Schläfe. Er taumelte rückwärts gegen seinen Wagen, dann wieder nach vorn und sein Gesicht nahm einen erstaunten Ausdruck an. Das unbedeutende PLOPP, PLOPP der schallgedämpften Waffe nahm außer ihm und seinem Hund niemand wahr.

Noch bevor Dragan realisierte, dass es Schüsse waren, die ihn getroffen hatten, warf ihn ein dritter Treffer, unterhalb des rechten Auges, erneut zurück. Sein Bewusstsein begann zu schwinden und undeutlich spürte er, wie seine Knie unter ihm nachgaben.
Jimmy bellte wie verrückt und versuchte sich auf den Angreifer zu stürzen, doch die fest um Dragans Handgelenk gewickelt Leine stoppte ihn. Er riss den sterbenden Mann zwar zu Boden, doch konnte er trotz aller Anstrengung, den Mörder nicht erreichen. Er war regelrecht an seinen Herren gekettet.

Der Mann im Sportoutfit war einen Schritt nähergetreten und blickte kalt auf sein Opfer herab, wobei er sorgfältig darauf achtete, außerhalb der Reichweite von Dragans Hund zu bleiben. Er hatte die Waffe noch erhoben und sein Finger krümmte sich erneut um den Abzug.
Millic selbst lag am Boden und seine Augen starrten blicklos in den Himmel.
Drei weitere Kugeln trafen ihn in den Oberkörper, doch davon spürte er schon nichts mehr. Sein Kopf sank zur Seite und sein Blut vermischte sich mit Sand und Tannennadeln auf dem Parkplatz.

Der Jogger hatte die Waffe bereits wieder eingesteckt und entfernte sich in entspanntem Laufschritt, so als wäre nichts geschehen.
Er lief durch das kleine Waldstück und weiter an der Straße entlang, mit der Selbstverständlichkeit eines Mannes der seinem Freizeitsport nachgeht. Hinter ihm wurde das wütende Bellen des Hundes leiser und leiser und nach kurzer Zeit war es nicht mehr zu hören.
Es hatte nicht einmal zwanzig Sekunden gedauert, Dragan Millic vom Leben zum Tode zu befördern.